Unsere Fahrwege in Violett
Schon auf unserem Flug in die Hauptstadt Jordaniens, Amman, werden wir mit
dem Anblick moslemischer Kleidungssitten vertraut. Bei der Zwischenlandung
in Genf füllt sich das vorher fast leere Flugzeug mit traditionell
bekleideten Pilgern auf dem Weg nach Mekka. Die Vorfreude steht den Leuten
förmlich ins Gesicht geschrieben!
Entsprechend Wenige warten mit uns an der Gepäckausgabe nach der Landung.
Die Meisten fliegen weiter nach Jidda. Nach kurzer Geldbeschaffung am Automaten
können wir ein Taxi besteigen. Mohammad, unser redseliger Chauffeur schlägt
während der halbstündigen Fahrt ein Hotel in "Downtown" vor.
Sicher wird er etwas daran verdienen, aber wir willigen ohne bestehende Reservation
ein um einen Augenschein zu nehmen. Zimmerbesichtigung und etwas Feilschen
um den Preis, wir sind untergebracht und alle Beteiligten zufrieden. Jetzt muss
nur noch für unser leibliches Wohl gesorgt werden! Der Rezeptzionist zeigt
uns ein Restaurant etwas weiter der Strasse entlang und wir folgen der Beschreibung.
Das Lokal bietet sicher nicht was man unter "gediegener Atmosphäre"
versteht, aber gerade das ständige Kommen und Gehen fasziniert uns und
garantiert eher frisch gemachte Speisen. Wir bestellen mit Englisch und Händen
und Füssen Suppe, Lammspiesse und Reis. Standardmässig werden dazu
grüne Pfefferschoten und in Essig eingelegter Rettich sowie Unmengen von
Fladenbrot serviert. Während wir uns den Bauch füllen beobachten wir
vergnügt das geschäftige Treiben um uns herum.
Obwohl Amman gegen zwei Millionen Einwohner hat, ist das was Sehenswert ist in
Fussdistanz um das in einer Senke gelegene Downtown zu finden. Von der Abdullah
Moschee und anderen Kleinigkeiten abgesehen. Gegenüber unserem Hotel befindet
sich das ehemalige römische Zentrum mit dem gut erhaltenen Theater. Auf dem
Hügel dahinter das antike Regierungszentrum. Davon ist zwar nicht mehr allzu
viel zu sehen, aber es verschafft einen guten Überblick über das sich
über diverse Kuppen hinziehende Amman. Die irrwitzig grosse Nationalfahne
ist von hier oben sowieso nicht zu übersehen.
Eigentlich wollen wir uns im modernen Geschäftsviertel Shmeisani nur über
die Mietautopreise erkundigen, sitzen aber eine Stunde später bereits im
abendlichen Verkehrschaos in einem Peugeot 307 Jahrgang 2005. Das Angebot war
zu gut und so kämpfe ich mich der Nase nach zurück zum Hotel. Was abgesehen
von einem kleinen Umweg auch bestens klappt. Millimetergenaues nebeneinander
herfahren zu fünft auf drei Spuren ist bei der Toleranz der Automobilisten
kein Problem! Bis zum Nachtessen streifen wir durch den Souk. Allerdings
immer mit der Gefahr bei zu langem Verweil vor einer Auslage zum Teetrinken
"genötigt" zu werden! Hier sehen wir den Begriff der "orientalischen
Düfte" beim Anblick der Parfümläden wo sich jede Frau ihre bevorzugte
Note mischen lassen kann bestätigt.
Bisher sehr positiv überrascht von der Freundlichkeit und Zurückhaltung
der Jordanier brechen wir am nächsten Morgen gegen Norden auf und müssen
dazu quer durch die Stadt. Nach gut fünfundvierzig Minuten ist auch das
geschafft. Verglichen mit Lateinamerika herrschen in Amman aber verkehrsmässig
noch gemässigte Zustände. Eine gute Stunde später sind wir in dem
uns als Basis dienenden Jerash angelangt und finden mit Glück das gesuchte Hotel
auf einem Berg im Olivenhain.
Der strahlend blauer Himmel verheisst endlich angenehme Temperaturen. Wir haben
am gleichen Tag noch genügend Zeit die faszinierend gut erhaltenen Ruinen
der römischen Stadt Gerasa zu bestaunen. Schon das ovale Forum beeindruckt mit fast
lückenloser Säulenreihe. Beschützend thront der Zeustempel an den Hang
gelehnt leicht erhoben darüber. Ebenso säulenflankiert erstreckt sich der
Cardo Maximus 700 Meter quer dem Gefälle verlaufend durch das alte Zentrum. Ein
langer Treppenanstieg mit Zwischenebene eröffnet nach 300m den Blick zum
Artemistempel, der Schutzheiligen von Gerasa, und zur gegenüberliegenden neuen
Stadt. Die Aussicht vom Zeustempel öffnet einem richtig die Augen für den
römischen Säulenwald. Die römischen Relikte zu Hause wirken dagegen
schon fast wie ein schäbiger Steinbruch.
Nach geruhsamem Schlaf wollen wir mit einem Umweg über den Berg des Predigers
Elias und der Kreuzritterfeste in Ajlun im Tal des Jordan nach Norden fahren.
Am Mar Elias gibt es ausser dem Westjordanland und Kirchenfundamenten nichts
Grossartiges zu sehen, trotzdem erfüllt uns ein besonderes Gefühl
permanent auf solch historisch bedeutendem Terrain unterwegs zu sein. Spannender
ist die verwinkelte Burg von Ajlun. Unzählige Etagen, Räume und Gänge
wurden im Laufe der wechselnden Besatzungen hinzugefügt.
Nach diversen Militärkontrollposten mit der immer wieder kehrenden Frage;
"where you go?" gelangen wir zur auf einer Anhöhe gelegen Stadt
Umm Qais mit der Ruinenstadt Gadara. Am Dreiländereck mit Aussicht auf den
See Genezareth und dieGolanhöhen, sind Freund und Feind in ihren
Schützengräben beidseits der Grenze mit unserem Feldstecher deutlich
auszumachen. Die wenig ausgegraben und restaurierte Stätte strahlt in der
Abendstimmung trotz diesem spannungsgeladenen Umfeld eine romantische Ruhe aus.
Wie Gerasa gehörte Gadara zur Dekapolis, einem Städtebund und lag an
der Weihrauchstrasse.
Bei anbrechender Dunkelheit brechen wir zum Rückweg auf. In Irbid, der
drittgrössten Stadt Jordaniens, erwischen wir eine falsche Abzweigung und
entdecken erst nach einer halbstündigen Irrfahrt ein Strassenschild in
englisch das auf eine Ortschaft nahe der syrischen Grenze hinweist. Wir wenden
und treffen irgendwann mit mehr Instinkt als Verstand fahrend auf die
Schnellstrasse nach Amman und finden heim. Enttäuscht vom überteuerten,
lieblos vorgesetzten Essen im Hotel suchen wir in Jerash etwas Vernünftiges.
Wie wir während der Ferien immer wieder realisieren fehlt den fast ausschliesslich
männlichen Angestellten im Dienstleistungssektor das weibliche Flair
der liebevollen Führsorge. Frauen gehören im eher liberal geltenden
Jordanien scheinbar auch ins eigene Heim und nicht in die öffentlichkeit.
Für ein paar Franken geniessen wir Falafel, Reis und Hühnerfleisch. Uns
dünkt dass dem Besitzer die Anwesenheit ausländischer Touristen schön
Trinkgeld genug ist, so strahlt er über das Gesicht. Wir geben aber trotzdem etwas.
In einer Bäckerei decken wir uns noch mit Wegzehrung für die Exkursionen ein.
Den letzten Tag wollen wir in der Wüste verbringen und fahren gegen
Osten auf der Hauptstrasse Richtung Irak. Beim Versuch Wasser zu kaufen lerne
ich mein zweites arabisches Wort: Maye. Wir halten uns zwar in bewohnter Gegend
auf, aber Wasserreserven mitzuführen schadet nie. Unser Ziel, der aus
schwarzem Basalt erbaute Ort Umm el Jimal (Mutter der Kamele) konnte dank
ausgeklügelter Wasserhaltung in seiner Blütezeit immerhin fünftausend
Menschen beherbergen. Heute liegt die ehemalige Pracht wie nach einem Bombardement
mit Folgebrand bizarr im hellen Sand darnieder. Leider ist auch noch vor Kurzem die letzte
funktionstüchtige tonnenschwere Steintüre auseinander gebrochen. Aus
Holzmangel musste hier im wahrsten Sinne des Wortes Massivbauweise betrieben werden.
Alles wurde aus Stein erstellt. Früher als erwartet finden wir uns im Hotel ein,
was aber bald folgenden, heftigen Regenfälle nicht allzu schlimm ist.
Wieder fahren wir westlich nach Westen in Tal des Jordan. Das Gewässer
fliesst im Grabenbruch zwischen der afrikanischen und asiatischen Kontinentalplatte.
Durch Abpumpen des Wassers für die Urbarmachung auf jordanischer Seite
ist es nur noch ein Rinnsal das ins Tote Meer mündet. Hier auf über
dreihundert Meter unter Meeresspiegel sind die Temperaturen trotz des schlechten
Wetters recht warm. Die ganze Landschaft ist mit Gewächshäusern bedeckt.
Den weniger fruchtbaren Boden nützen die Beduinen für Viehzucht. Beeindruckend
dominiert die Moschee von Deir Allah das Tal.
Dem kahlen Ufer des Toten Meeres entlang fahren wir südlich bis auf Höhe
der ehemaligen Halbinsel Lisan. Ehemals deshalb, weil durch die fortschreitende
Verlandung des Meeres die Halbinsel bis ans Israelische Ufer gewachsen ist.
In Richtung Berge nach Karak abgebogen, haben wir einen guten Ausblick auf die
erwähnte Gegend.
Meiner Vorliebe für alte Steine widersprechend, verzichten wir auf die Visite
der uneinnehmbar wirkenden Ruine der Kreuzritterfestung von Karak. Wieder einmal
leiden wir auf neunhundert Metern Höhe unter der Kälte der Nacht!
Glücklicherweise scheint am folgenden Tag die Sonne und wärmt unsere Glieder
einigermassen. Die nächsten Tage werden wir auf der alten Königsstrasse
unterwegs sein. Um eine weitere biblische Stätte zu sehen fahren nach Norden und
durchqueren dabei das mächtige Wadi Mujib. Dessen Wasser würde sich ebenfalls,
zum Ende hin durch eine schmale Schlucht gedrängt, ins Tote Meer ergiessen. Das
wird aber von einer Staumauer verhindert. Auch hier leben Beduinen. Deren Ziegen
ernähren sich wahrscheinlich von Steinen oder für uns kaum sichtbare Vegetation.
Hoch über dem Toten Meer erhebt sich der Tempel des Herodes, wo Johannes der
Täufer enthauptet worden sein soll. Von der Anlage ist nicht mehr viel zu sehen,
da sie von den Römern geschleift wurde. Nur Fundamente und Reste der römischen
Belagerungsrampe sind noch auszumachen. Ebenso verlassen wie andernorts ist das
Touristenzentrum nach dem Einbruch des Fremdenverkehrs seit dem erstem Golfkrieg.
Aber die Aussicht ist die Fahrt wert.
Ohne in Karak noch einmal zu halten folgen wir dem Kings Highway nach Süden.
Nach dem Durchfahren des riesigen Wadi Hasa stecken wir Nachmittags im Markttreiben von
Tafila fest. Zum Glück sind die Distanzen nicht unendlich und wir erreichen das am Rande des
Wadi Araba auf ein Felsvorsprung gebaute Dana nicht allzu spät. Das halbverlassene
pittoreske Dorf aus dem Mittelalter bietet nicht viel. Die grösstenteils zerfallenen
Häuser im umgebenden felsendominierten Naturschutzgebiet verströmen aber eine
einzigartig archaische Romantik und zählt somit für mich neben Petra zu den
Highlights der Reise.
Drei Optionen zur übernachtung stehen für uns zur Auswahl; Für hundert
Franken im staatlichen Kajütenbett in enger Kammer mit Etagenbad, für
sechzehn Franken im verschachtelten, freaky eingerichteten Danatower ebenfalls mit
Etagenbad oder in der örtlichen Kooperative für vierundzwanzig Franken
mit eigenem Bad. Unsere Wahl fällt nach intensiver Beratschlagung auf die Kooperative.
Spätestens beim schmackhaften und reichhaltigen Nachtmahl bereuen wir den Entscheid kein
bisschen. Hier schmeisst eben eine, wenn auch philippinische Frau den Haushalt. Wir
unterhalten uns nach den Essen angeregt mit einem türkisch-französischen
Pärchen und einem einheimischen Handwerker. Bei der Frage wie viele Kinder er
habe, antwortet dieser sechs. Später gesteht er neben den sechs (männlichen)
Kindern auch noch eine Tochter zu haben. Soviel zur Wertschätzung des weiblichen
Geschlechts.
Mit Hilfe eines Gasofens überstehen wir die Nacht ohne Erfrierungen. Wir
benötigen nach dem Autofahren der letzten Tage ein wenig Bewegung. Zuerst steil
und um dann allmählich flacher werdend windet sich der Pfad vom Dorf aus das
Tal hinunter um schliesslich in dem das Tote mit dem Roten Meer verbindenden Wadi
Araba aufzugehen. Dieser gut achtstündigen Fussmarsch ist aber zu lang für
unsere Reiseplanung, vor allem müssten wir zum übernachten ausgerüstet
sein. Uns reichen eineinhalb Stunden den Abhang hinunter, und einige Zeit mehr
für den Rückweg. Da wir mit Umweg durch die häufig brachliegenden
Oliven- und Granatäpfelhaine steigen. Noch am Nachmittag brechen wir zum
nächsten Ziel auf.
Weiter nach Süden fahrend passieren wir einen anderen
Stützpunkt der Kreuzritter, die Festung Shobak. Der ziemlich schlechte Zustand
lädt nicht zum langen Verweilen ein. Etwas fasziniert aber ungemein. Ein geheimer
Fluchtgang wie man es sich als Bub immer ausgemalt hat existiert hier tatsächlich!
Der enger werdende, in den Sandstein gehauener Stollen endet nach fünfzig
Meter unterhalb der Burg im Freien. In der Schweiz wäre der rutschige, steile und
unbeleuchtete Gang nicht öffentlich zugänglich. Wir haben vorsorglich unsere
Taschenlampe dabei.
Eines der drei Hauptreiseziele steht kurz bevor. Die Sagenhafte Hauptstadt der
Nabatäer, Petra! Mit dem üblichen Feilschen drücken wir den Preis
um dreissig Franken die Nacht, und gönnen uns so den Aufenthalt im Fünfsternehotel
Marriott. Die flughafengerechte Gepäckkontrolle gehört nach den Attentaten in grossen
Hotels zum Standart. Wir wissen das zu schätzen.
Aus der Distanz lässt sich die in der Felsformation verborgene Stadt Petra nicht erahnen.
Der ehemalige Nomadenstamm wählte den Ort mit Geschick. Der Schweizer J. L. Burkhardt
entdeckte nach tausendjähriger Vergessenheit im Jahr 1812 die Stadt mit Hilfe einer List.
Er liess sich von Beduinen für ein Opfer zum Grab des Aaron führen, weil er von einer
grossen antiken Stätte in deren Nähe gehört hatte.
Wie in Jordanien in allen Geschäften üblich dürfen der verstorbene
und der regierende König auch hier nicht fehlen. Bei staatlichen Institutionen
selbstverständlich etwas grösser abgebildet! Die Besichtigung des Geländes
birgt lange Marschstrecken. Schon der Weg vom Besucherzentrum beim Parkplatz bis zum Anfang
der Schlucht beträgt gut achthundert Meter. Der eigentliche Zugang durch die
>Schlucht (Siq genannt) ist noch einmal tausendzweihundert Meter lang. Schon hier
lässt sich der Wasserversorgung anhand der in den Fels gehauenen Rinnen bewundern.
Die teilweise nur sechs Meter breite aber dafür bis hundert Meter hohe Spalte endet
unvermittelt vor dem Kazne Faraun. Einer exzellent erhaltenen Tempelfassade. Nun öffnet
sich die Enge flankiert von unzähligen in den rosa Sandstein gehauenen Fassaden weiter.
Auch wenn man weiss dass hier einmal Leute gelebt haben, erscheint das Ganze wie eine gigantische
Hollywoodkulisse. Hinter monumentalen Tempelkulissen verbirgt sich meist eine (heute)
ungeschmückte rechteckige Kammer mit Nischen. Zur linken liegt nun die Strasse der Fassaden
genannte Nekropole der anschliessend ein ebenfalls in den Fels gehauenes Amphitheater folgt.
Rechts ist der halbrund verlaufende Hang mit mehrstöckigen Fassaden verziert, der
Königswand.
Wir schlendern weiter in das Zentrum das vier Wadis vereint. Da hier der wirkliche Wohn
und Lebensraum aus Steinen gebaut war, ist bis auf Rekonstruktionen wenig in den Halden
zu sehen. Die Klippen rundum sind durchsetzt mit Löchern wie ein Emmentaler.
Es sollen an die dreitausend natürliche erweiterte oder künstlich
geschaffene Felsräume und gegen tausend Kultstätten über mehrere
Quadratkilometer verteilt sein. Im Hintergrund des Qasr al Bint Faraun ( Beduinenbezeichnung
für Palast der Pharaonentochter) erkennt man deutlich wie die Steinmetze bei der
Bearbeitung des Sandsteins vorgegangen sind. Zuerst wurde die Felswand lotrecht
abgetragen, dann von oben nach unten die Zinne, Friese und Säulen aus dem Vollen
gehauen.
Bis hierher haben wir schon drei Kilometer in den Füssen
und rasten beim staatlichen Restaurant. Auf das masslos überteuerte Büffet
verzichten wir. Um zu Ed Deir (Kloster) zu kommen müssen wir eine enge
Schlucht zweihundert Höhenmeter und rund achthundert Treppentritte hinaufsteigen.
Als Belohnung erwartet uns aber ein wunderschönes Denkmal nabatäischer
Architektur und ein guter Aussichtspunkt. Schon die Urne am Giebel ist neun
Meter hoch. Unglaublich wie viel Kubikmeter Stein allein dafür weggehackt
wurden. Für heute haben wir genug gesehen und machen uns auf den langen
Rückweg zum Auto. Schön im Hotel ein warmes Bad geniessen zu
können!
Den zweiten Tag unserer Besichtigungstour wollen wir die etwas abgelegen
Plätze erkunden. Doch wie bereits erwähnt führt an den zwei
Kilometern Marsch kein Weg vorbei.
Wir umrunden die Königswand um an deren Ende den darüber ansteigenden Berg
Jebel al Amr zu erklimmen. Dank den gut erhaltenen Treppen geht das leicht. Mehrfach
haben wir von oberhalb der Königswand eine gute Aussicht über die Gegend.
Oben auf dem Plateau sind Reste eines Tempels und diverse Opferplätze vorhanden.
In der üblicherweise trockenen Landschaft musste alles aufgeboten werden was Wasser
verschaffte, göttliche und menschliche Hilfe. Diverse Rinnen leiten die
kostbaren Niederschläge in eine nun zerfallene Zisterne.
Unerwartet läuft uns beim Herumstöbern ein kleiner Hund entgegen
und Reni nimmt sich seiner an. Hunde gelten im Islam als unrein und sind darum
nur selten und abseits von Siedlungen zu sehen. Scheinbar ist er gewohnt von
Touristen etwas zu fressen zu erhalten, sein freundliches Wedeln hilft ihm
auch bei uns.
Der von uns versuchte Abstieg zur anderen Seite der Anhöhe endet über
dem Kazne Faraun. Nur ein extrem steiles, mit losen Felsblöcken bepacktes
Tobel bietet eine zu gefährliche Variante an. Bei unserer Rast haben wir
aber Leute durch eine andere Felsspalte aufsteigen sehen. Wir versuchen diese
Möglichkeit und stossen unverhofft auf eine von unten nicht zu sehende
Treppe, die uns mitten in der Königswand sicher herunter geleitet.
Um auf den Hohen Opferplatz zu gelangen, umgehen wir den Jebel Madbah in Richtung
Zentrum und steigen den flacheren Teil von hinten hinauf. Meine Knie wissen
das zu schätzen. Unterwegs kommen wir am an einer wichtigen römischen
Abdankungsfeierstätte die mit Schweizer Hilfe erforscht wurde vorbei.
Diesmal folgen uns miauend zwei sich missgünstige Katzen. Die eine scheint
bei einem Kampf ihr Auge verloren zu haben, auf jeden Fall sieht alles um die
leere Höhle übel vereitert aus! Irgendwann geben die Streithähne
die Verfolgung auf, und wir erreichen Nachmittags ausgelaugt unser Ziel. Auf dem
kleinen künstlichen Plateau befindet sich ein Altar und eine Opferschale mit
Rinne. von dem ehemals grossen Bau der hier gestanden sind nur Fragmente erhalten.
Gegenüber stehen in einem anhand der Abbauspuren deutlich zu erkennenden
Steinbruch zwei Obelisken.
Eine für nabatäische Verhältnisse relativ kurze aber steile
Treppe die ins Tal neben das Theater führt wird für mich zur leichten
Tortur. Die mir unbekannten Schmerzen neben beiden Kniescheiben werden immer
stärker. Eigentlich wollten wir den dritten Tag weiter entfernte menschenleere
Platze um die Stätte aufsuchen, dies scheint nun aber hinfällig.
Abgekämpft sind wir froh beim Wagen zurück sein. Reni legt sich vor
lauter müden Beinen noch ungewollt der Länge nach auf dem Gehweg hin.
Während sie sich im Dampfbad erholt, schreibe ich endlich ein paar Zeilen
für meine Homepage. Erneut bereuen wir den Entscheid ein gutes Hotel gewählt
zu haben in keiner Weise und geniessen den Abend in angenehmem Ambiente
vor dem nächsten Aufbruch ins Unbekannte.
Die Aussicht Im Wadi Ram in angenehmen Temperaturen zu nächtigen, haben
wir uns schon abgeschminkt seit wir wissen das wir uns auch auf zirka neunhundert
Metern Höhe bewegen werden. Wir verlassen die Gebirgsstrecke von Petra
kommend um auf die Wüstenautobahn einzuschwenken. Mit langsam Fahren ist
hier nichts. Auf der von Camions hoch frequentierten Strecke wird man von
ebensolchen erbarmungslos bis zu Tempi von 120 km/h angeschoben! Die von rosa
Sand bedeckte, von spektakulären Felsformationen unterbrochene Fläche
schimmert geheimnisvoll im Mittagslicht. Kein Wunder wurde diese Landschaft für
die Aufnahmen zum Film "Lawrence von Arabien" auserkoren.
Noch ist es möglich mit dem eigenen Fahrzeug bis zum Retortenort Ram zu
fahren. Später soll beim vorgelagerten Besucherzentrum Schluss sein und
man muss mit gemieteten Jeeps weiter. Das Befahren des Naturschutzgebietes
ist sonst aber nur mit lizenzierten Führern mit Fahrzeugen möglich.
Wir begutachten erst einmal die übernachtungsmöglichkeiten. In
Ram existiert nur eine schäbige Zeltsiedlung staatlichen Besitzes. Zudem
verheissen riesige Felskuppen nicht zu lange Abendsonne. Ausserhalb des
Reservats soll es andere Camps geben. Wir klappern zwei davon ab. Sie sind
überteuert, illegal erstellt und mit kuriosen Erdwällen umgeben.
Das Dritte, legal errichtete, findet unsere Zustimmung. Es ist auch nicht gerade billig, aber
dafür ordentlich und gepflegt. Uns überrascht nicht, dass es von einer
eingeheirateten Engländerin geführt wird. Auch bietet sie Räume neben
den Zelten an. Bei Wind und Temperaturen um die Gefriergrenze brauchen wir nicht
lange zu überlegen. Mit noch schmerzenden Knien erklimme ich mit Reni einen
entfernten Hügel um den Sonnenuntergang zu geniessen. In der Ferne rattert eine
Diesellok mit langem Anhang durch die öde.
Die Zeit von der Dämmerung bis zum Essen verbringen wir mit anderen Touristen
an einem wenig wärmenden, dafür umso qualmigeren Feuer. Von der Auswahl
am improvisierten Buffet sind wir leicht enttäuscht. Wider unserer Erwartung
eines Beduinenessens gibt es aber neben Huhn und Reis noch Spaghetti als Hauptgang.
Danach diskutieren wir angeregt bei Rauchfeuer und Wasserpfeife bis um Mitternacht
über politische Dinge. Ein Ägypter arbeitet für US-Aid in seiner Heimat und
ein Italiener für die EU in Karthoum. Das sorgt für interessanten
Gesprächsstoff. Sie reisen um diese Jahreszeit, weil die muslimischen
Feiertage anhand der Pilgerfahrt und des Neujahrs in die zweite Januarwoche fallen.
Immerhin werden genügend Decken ausgehändigt um Reni wohlbehalten durch den
Schlaf zu geleiten. Jetzt nach Mitternacht hat sich der Wind gelegt und die Ruhe unter
sternenklarem Himmel demonstriert ansatzweise die Faszination der Wüste.
Auf den Kamelritt am folgenden Morgen verzichte ich. Reni tritt ihn mit dem Ägypter
und seinen drei Begleiterinnen an. Ich horche westlichen Klängen von meinem
MP3-Abspielgerät und beobachte drei Einheimische unter mir. Jeder eine Argila
(Wasserpfeife) rauchend, sitzen sie auf einer Bank unter meinem Felsvorsprung auf dem
ich den noch windstillen Vormittag geniesse. Mir scheinen sie von weiter weg angereist
und nicht arm zu sein. Dafür sprechen die Flasche Jack Daniels und die Biere
auf dem Tisch. Inkognito frönt man den Lastern des dekadenten Westens am besten.
Bei einem Preis von fünf Franken allein pro Dose Bier ist der Ausflug sicher nicht billig!
Nach zwei Stunden sind die Kamelreiter zurück und wir begleichen noch unsere Rechnung vor
der Weiterfahrt.
Die Fahrt auf der Autobahn bis Aqaba ist kurz. Schon eine Stunde später
verhandeln wir erfolgreich über den Zimmerpreis und beziehen unsere
Unterkunft.
Die Hafenstadt war seit der Antike ein wichtiger Umschlagplatz für Waren.
Die Blockade des Roten Meeres während des ersten Golfkrieges hat deshalb Jordanien
mehrere hundert Millionen Dollar gekostet. Sie hatten sich zu ihrem Haupthandelspartner
Irak bekannt. Ein Fehler dessen wirtschaftliche Folgen bis heute spürbar sind. Das
Leben in der Sechzigtausendseelenstadt verläuft in ruhigen Bahnen. Auch ist der neue
Hafen mit seiner Zufahrt noch von der Stadt getrennt und so die direkten Einflüsse
gering. Die zehn Kilometer lange bis an die saudische Grenze verlaufende Küste ist
durch den regen Schiffsverkehr und dubaimässige Bauprojekte gefährdet. Wir hoffen
die Ernennung des mit Korallenriffen gesäumten Küstenstreifens zum Aquapark
schützt die noch vorhandene Natur. Eine erste Erkundung des Strandes verläuft
enttäuschend. Die Eimer werden kaum benutzt und das kühle windige Klima lädt
nicht zum Bade. Die regionale Badesitte erwärmt immerhin unser Gemüt.
Den Nachmittag flanieren wir durch den Stadtkern und kaufen einige Dinge. Ein
Gemischtwarenladen im wahrsten Sinne des Wortes weckt unsere Begierde. Reni deckt sich mit
bei uns nicht erhältlichen Kräutermischungen ein. Ich stelle mir ein individuelle
Wasserpfeife zusammen. Zwischen den Verhandlungen lässt der Besitzer uns allein um
auch noch Schuhe an den Mann zu bringen. In einem gediegenen Lokal können wir endlich
den am Meer obligaten Fisch essen.
Drei Dinge haben wir uns zu Hause fest vorgenommen: Im Toten und Roten Meer
zu baden und Petra zu besuchen. Die zweite Sache gilt es nun trotz widriger
Umstände zu vollbringen. An einem für das Schnorcheln geeigneten
Strand miete ich die Ausrüstung. Von den Einheimischen akribisch begutachtet
begebe ich mich in ihren Augen nackt ins Wasser und streife die Tauchbrille über. Ich
hoffe, dass das Meer angenehmer als die achtzehn Grad "warme" Luft ist. Einige
Schwimmzüge weiter bin ich schon mitten in den Korallenbänken und sehe diverse
Formationen und farbenprächtige Fische ohne mühsames Abtauchen. Mit Kontrollblick
zum Ufer um nicht von der Strömung abgetrieben zu werden streife ich durch den Meeresgarten.
Nach etwa fünfzehn Minuten wird es mir zu kalt und ich schwimme an den Strand zurück.
Hier, unweit von Saudiarabien, ist dessen konservativer Einfluss deutlich wahrzunehmen.
Mehr als sonst sehen wir komplett verhüllte Frauen. Sei es am Strand wie auch beim
Einkauf in der Stadt. Bier gibt es aber in der Freihandelszone noch günstig zu kaufen und
ich profitiere davon. Gute Englischkenntnisse sind bei einigen Werbern Mangelware. Skurrile
Schilder verdeutlichen das des öfteren. Eigentlich wollten wir ein paar Tage länger
bleiben, aber das schlechte Wetter treibt uns weiter.
Nun geht es in die Wüste. Richtung Norden bis zum Verkehrsknotenpunkt
Ma'an fahren wir wieder auf dem Desert Highway. Ab hier zweigt eine
Hauptstrasse ab und führt weiter entlang der saudischen Grenze. Eigentlich
müsste das Benzin locker bis ans Ziel reichen, sollten wir uns aber
verfahren könnte es aber knapp werden. Als dann nach zweihundert Kilometern
durch die Einöde eine Tankstelle auftaucht, nehmen wir das Angebot für
Treibstoff und Essen dankend an. "Gefüllt" ist die restliche Distanz
leicht überwunden. Die Suche nach einer Unterkunft ist schwieriger. Bei der
Besichtigung in unserer ersten Anlaufstelle funktioniert für ein Preis von
sechzig Franken nicht einmal das Licht im Zimmer. Wir verlassen den schmuddelig
wirkenden Ort. Der zweite Versuch läuft ins Leere. Das Hotel ist im Umbau.
Einige Runden im Dorf drehend finden wir bei der dritten und letzten Möglichkeit
ein einfaches, sauberes Zimmer.Der mürrische Besitzer stellt uns immerhin einen
Gasofen zur Verfügung.
Trotz des kurz bevorstehenden Feierabend des Wächters der
Festung an der ehemaligen Oase werden wir von ihm freudig begrüsst. Touristen sind
hier rar und Geld benötigt. So kommen wir in den Genuss einer exklusiven Führung.
Drei originale, tonnenschwere Steintore lassen sich noch in ihren Angeln drehen. Im Raum
über dem Haupteingang hat T. E. Lawrence Anfang des letzten Jahrhunderts vier Monate
überwintert. In muslimischer Zeit wurde das römische Bollwerk als Jagdschloss
genützt. Damals gab es noch Tiger, Nashörner und haufenweise Oryxantilopen wie
eine zeitgenössische Darstellung bestätigt. Noch in den sechziger Jahren, so
versichert unser Führer, sei Wasser bis an den Horizont zu sehen gewesen und diente
hunderttausenden von Zugvögeln als Rastplatz. Heute liegt dank unzähligen
Bewässerungspumpen der Spiegel zwanzig Meter unter Terrain. Wenige Tümpel
sind übrig geblieben.
Der trostlose Durchgangsort zwischen Saudiarabien und Amman dient wie
Schnellimbisse bestätigen nur zur kurzen Rast. Entsprechend schwierig ist es
ein brauchbares Restaurant zu finden. Wir klappern die gesamte Hauptstrasse ab und
entscheiden uns für das kleinste übel. Diverse geschlachtete Schafe säumen
zum Abhängen vor der Auferstehung als Kebab die Strasse. Bei unserer Suche werden
wir beinahe von den Menschen die aus zwei Reisebussen in die Mosche hetzen überrannt.
Alle strömen eilig zum Abendgebet. Kurios erscheinen uns die nummerierten Kammern
um einige zentral im Raum angeordnete Tische im Lokal. Frauen (ausser Reni) halten sich
nur im Nebenraum auf. Der Kleidung nach saudiarabische Männer verschwinden in den
Separées. Andere verlassen die oben offenen Zimmer um sich kollektiv und dezent
schwankend im WC vor der Weiterfahrt zu erleichtern. Da die Grenze nur zirka dreissig
Kilometer entfernt ist, scheinen die Männer vor dem übertritt noch dem in
Saudiarabien kaum erhältlichen Alkohol zuzusprechen. Im Verborgenen natürlich.
Wir machen uns nüchtern auf den Heimweg. Dank Heizung und mehreren Decken schlafen
wir gut und werden am nächsten Morgen von Jets auf dem nahen Militärflughafen
geweckt.
Weitere Jagdschlösser liegen an unserem Weg von Azraq über Amman
nach Madaba. Eines der interessantesten, Quasr el Amra, liegt mit seinen drei
Tonnendächern unscheinbar klein an der Hauptstrasse. Der ausserhalb liegende,
sechsunddreissig Meter tiefe Ziehbrunnen ist lange versiegt. Ein Pförtner eilt
herbei, um uns die Türe aufzusperren. Beim Betrachten der Fresken in den Räumen
verstehen wir weshalb das Gebäude verschlossen ist. Die freizügigen Darstellungen
von nackten Frauen beim Tanz aus frühmuslimischer Zeit sind heute ein Frevel. Andere
Fresken zeigen Jagdszenen. Auch gibt es Skurriles wie ein Laute spielender Bär
und ein dazu tanzender Löwe zu sehen. An die gedrungene Hauptkonstruktion
schliesst ein Hammam an. In diesen Gewölben wurde neben der Jagd sicher
auch ergiebig der Lust gefrönt. Kalif Walids Lieblingsfrau soll ganz
der Vorliebe entsprechend bei einer Körpergrösse von hundertsechzig
Zentimetern annähernd so viele Kilos gewogen haben.
Die Bebauung wird dichter und wir nähern uns Amman. Lassen diese aber südlich
aus und fahren direkt nach Madaba weiter. Die christliche Hochburg liegt
fünfundvierzig Minuten von der Hauptstadt aus Richtung totem Meer gelegen.
Nach Querelen mit den Moslems Mitte des neunzehnten Jahrhunderts sind viele Christen
von Kerak hier her umgesiedelt.
Wir beziehen ein Zimmer gegenüber der Kirche St. Georg mit Resten der weltbekannten
Darstellung des Toten Meeres und Palästina. Das Mosaik stammt aus der byzantinischen
Blütezeit im sechsten Jahrhundert. Aufgrund dessen konnte die Taufstelle des Johannes
jordanischem Boden zugeordnet werden, was Israel sehr missfiel. Auch sonst liess sich einiges
historisch Relevantes aus dem ursprünglich über zwei Millionen Steinchen umfassenden
Bild lesen. Fremd anzusehen ist es ein Gesangsbuch in arabischer Schrift in dieser
christlichen Kirche. überhaupt besitzt die Stadt unzählige Mosaike und deshalb auch
eine der weltweit einzigen Schulen, wo dieses Handwerk noch vermittelt wird. Bei unserem
Rundgang durch die Sehenswürdigkeiten Madabas, die über einem bis zum verheerenden
Erdbeben von 746 rege belebten Siedlungsraum liegt, sind immer wieder Mosaike zu besichtigen.
Viele wurden mit Hilfe europäischer Unterstützung restauriert. Da Moslems die Darstellung
von Lebewesen eigentlich verboten ist, wurden die Steine an den entsprechenden Stellen heraus
gebrochen und danach wirr eingesetzt. In unmittelbarer Nähe zueinander befinden sich
friedlich die Türme dreier Götter; des muslimischen, des christlichen und des Mammons.
Im Haret Jdudna, einem sehr guten Lokal mit integriertem Handwerksladen können
wir endlich einmal wieder die arabische Küche der gehobenen Klasse geniessen.
Fattaer, Teigtaschen mit Spinat, und Sambusek, dasselbe mit Fleischfüllung nehmen
wir zur Vorspeise. Magluba, Reis mit gedämpften Huhn für Reni und Shish
Kebab, gegrilltem Lammspiess mit Tomate und Zwiebel für mich. Zur Nachspeise
Baklawa. Mit Pistazien gefüllte und in Honigsirup getauchte Teigtaschen.
Türkischer Kaffee und Minzentee dürfen dazu nicht fehlen. Perfekt! Ein
winzig bitterer Nachgeschmack bleibt, als wir erfahren das Mrs. G.W. Bush hier
auch schon gespeist hat!
Renis Geburtstag steht bevor. Ebenso unsere baldige Heimreise. Beides sind
Gründe uns noch ein wenig Luxus zu gönnen. Auf diesem Breitengrad
ist zu dieser Jahreszeit der einzig angenehme Aufenthaltsort das Tote Meer.
Weniger seines Ambienten, mehr der erträglichen Temperatur wegen.
Vierhundert Meter unter dem Meeresspiegel gelegen ist sie immerhin gute acht
Grad wärmer!
Direkt an unserer Route liegt der Berg Nebo. Von hier soll Moses das gelobe
Land gezeigt und später auch gestorben sein. Vom siebenhundert Meter hohen
Hügel hat man wie einst Moses einen guten Überblick über
das Tal des Jordan zur israelischen Seite. Nur in Petra haben wir solche Mengen
Touristen gesehen. Immerhin zwei Reisecars bevölkern das Areal. Das perfekte
Wetter scheint ein Zeichen zu sein! Wieder ist es faszinierend auf in unserer
Kultur so wichtigen Boden zu stehen. Die mitgebrachte Vorstellung vereint sich
mit der Realität des Erlebten.
Eine in in örtlich typisch unregelmässiger Art gebaute Strasse schlängelt
sich die elfhundert Meter Höhenunterschied zum Toten Meer hinab. Ich geniesse
das Kurven , Reni weniger. Dank dem regelmässigen Regen zeigen sich nun
die bei unserer Ankunft noch unsichtbaren grünen Keime in den gepflügten
braunen Feldern. Bald wird die Einöde für kurze Zeit aus ihrem
Dornröschenschlaf erwachen.
Das Mövenpick-Hotel haben wir bereits bei unserer Vorherigen Passage entlang
dem Toten Meer kurz abgecheckt. Jetzt wollen wir noch die amerikanisch Konkurrenz
nebenan besichtigen um eine Entscheidung zu fassen. Beim Tor schnüffelt
ein Spürhund nach Sprengstoff am Wagen. Logischerweise kein Problem. Der
Entschluss fällt schnell, wir bleiben im Marriott. Nicht nur, dass hier
am Strand nicht umgebaut wird, auch die Gesamtanlage ist stimmiger. Immer noch
bleibt das Wetter ungewöhnlich schön und ruhig. Anlass für uns
sofort ins Meer zu hüpfen bevor wieder Wind aufkommt. Die Lake mit über
dreissig Prozent Salzgehalt fühlt sich regelrecht ölig an. Dem Namen
entsprechend ist wirklich keinerlei tierisches oder pflanzliches Leben auszumachen
Beim Hineinwaten sinkt man nicht über Brusthöhe und es herrscht so viel
Auftrieb, dass man Gefahr läuft wie eine Boje umzukippen. Auf dem liegend ragt
der halbe Körper aus dem Wasser. Perfekte Verhältnisse für
Schwimmunterricht!
Richtig dekadent verbringen wir Renis Geburtstag. Faulenzen und die zahlreich
erschienen Einheimischen beobachten. Die Hauptstadt liegt nur eine Fahrstunde
entfernt und nicht nur wir flüchten offenbar vor der Kälte. Am Nachmittag
nützen wirden SPA Bereich noch einmal ausgiebig. Reni gönnt sich dazu
eine Spezialbehandlung. Den perfekten Abschluss bildet unser Nachtessen im
italienischen Restaurant von dem sich manch ein Gastronom zu hause eine Scheibe
abschneiden könnte.
Weil wir schon um halb sechs Uhr morgens am Flughafen sein müssen,
wollen wir die letzte Nacht im nahen Viersternehotel schlafen. Zum Glück
erkundigen wir uns vor der Mietwagenrückgabe in der Hotelrezeption. Der hämisch
grinsende Angestellte muss zuerst die Preistafel konsultieren, nachdem er uns
gefragt hat, ob wir auf der Weiterreise seien. Was wir bejahten. Doch hundert
Franken pro Nase ohne Frühstück zahlt sicher keiner der sonst Anwesenden
in der heruntergekommenen Lobby. Dank unserem Mietwagen kann er unsere scheinbare
Notsituation nicht ausnützen und wir fahren kurz entschlossen mit Wut
im Bauch dreiviertel Stunden nach Amman. Hier kostet das Zimmer noch vierzig
Franken. Das gesparte Geld reicht locker für ein Taxi und ein gutes Nachtessen
im Meridien. Auch müssen wir nicht in irgend einer kargen Hotelanlage
tatenlos herumsitzen, sondern können das Viertel besichtigen.
Die Mietwagenrückgabe verläuft reibungslos, auch wenn der nun anwesende
Geschäftsführer nicht begreift wieso wir nach Vertrag nur fünfundvierzig
Franken pro Tag für ein fast neues Auto bezahlen. Nur zu gerne möchte
er wissen wer das angerichtet hat, diese Frage können wir ihm aber nicht
beantworten.
Um vier Uhr dreissig klingelt der Wecker. Nach drei Wochen Aufstehen um Acht
viel zu früh! Pünktlich um fünf bringt das bestellte Taxi uns
an den Flughafen. Zu unserem Erstaunen ist schon Hochbetrieb. Mit der Wahl
der Kolonne haben wir Glück. Nebenan diskutieren orthodoxe Muslime, jeder
mit einem Wasserkanister ausgestattet, aufgeregt mit dem Schalterbeamten.
Unsere Formalitäten sind schnell erledigt. Wir trinken noch etwas in einer
Bar. Wie mehrmals erlebt versucht man mir das Wechselgeld vorzuenthalten.
Der Angestellte mimt den unschuldigen Zerstreuten und gibt mir dann aber die
eineinhalb Franken. Bei dem Haufen Kunden macht das eine gute Lohnaufbesserung.
Als ich auf dem Gate noch die Toilette aufsuchen will, muss ich der
Militärpolizei Rechenschaft ablegen. Bei der akuten Gefahr von Anschlägen
verständlich.
Mitleichter Verspätung fliegen wir los. Die Wasserexporteure haben es
auch noch geschafft. Einige Minuten in der Luft überfliegen wir Israel.
Aus der Vogelperspektive erkenne ich deutlich die tropfenförmig zwischen
den Siedlungen der Israelis und Palästinenser verlaufende Grenzmauer. Krank,
dieses Ungetüm das die Landschaft zerschneidet. Wer auch während des Flugs
immer genau informiert sein muss wo Mekka liegt, dem wird das regelmässig
auf dem Monitor angezeigt. Dumm nur das bei der Warteschleife über Zürich
der Richtungspfeil an der selben Stelle verharrt.