Unsere in der Türkei gefahrenen Verbindungsstrecken in blau. Die Anfahrten in grün und die Wanderungen in rot.
Eine geschlagene Stunde bevor der Wecker klingelt mache ich den Fehler darauf zu sehen und kann natürlich nachher
nicht mehr richtig schlafen. Das ist exakt um 03.09 Uhr. Bis 04.15 weitergedöst und dann endgültig aufgestanden. Um 05.30
schnell mit meiner Reisebegleitung das Abfluggate gecheckt und die Bahn zum Dock E bestiegen. Mir wird die Ehre zuteil auf
Sprengsstoffspuren gescannt zu werden. Alles sauber. Ich wüsste auch von nichts anderem. Der nur zu einem Drittel
gebuchte Flieger hebt bald ab und die drei Stunden nach Antalya gehen im wahrsten Sinn des Wortes "im Flug" vorüber.
Sim Karte gekauft, Mietwagen übernommen und die grosszügig angelegten Boulevards Antalyas gehören uns. Bald kurven wir
durch die Berge im Hinterland unserem Ziel entgegen. Alles wirkt aufgeräumt und die Landschaft ist schön grün. Es erinnert
manchmal schon an zu Hause. Nur das hier bei 25 Grad Temperatur die Sonne scheint. Das Grün wird sich die nächsten Monate
wenn weniger Regen fällt sicher noch in Richtung Ocker wandeln. Wir überqueren den Kulminationspunkt der D350 auf 1300
Metern. Es geht hinunter nach Fethiye. Zu beginn der Agglomeration zweigen wir gegen Olüdeniz ab. In diesem
touristischen Ort ist schon jetzt einiges los. Besser nicht zu wissen wie es hier in der Hochsaison zu und her geht. 12
Kilometer südlich an der Küste liegt hoch über dem Meer unser Ziel. Faralya ist ein Dorf mit landwirtschaftlicher
Terassenwirtschaft und Ziegenhaltung das mit einigen kleineren Unterkünften nun auch vom Turismus profitiert. Alles
jedoch beschaulich und ruhig. Das passt zum Herunterfahren!
Wider Erwarten ist die Nacht kühl und ich benötige meine Leibchen. Einzig der Ruf zum Morgengebet um Fünf stört
die herrliche Ruhe. Nach dem langen Tag gestern endet meine Leichenstarre um Acht Uhr morgens. Wir sind insgesamt
nur drei Gäste beim Frühstück. Normalerweise sei um diese Jahreszeit schon ausgebucht und überall, insbesondere im
12 Kilometer entfernten Ölüdeniz, herrsche Betrieb sagt uns Erik der dritte Gast. Er kommt schon seit einigen Jahren
hierher und ist mit mit dem Bau seiner Altersresidenz beschäftigt. Was die Einheimischen schmerzt, ist unser Vorteil,
nämlich keine turistische Hektik.
Mit unserem Mietwagen fahren wir ans Ende der Bucht von Ölüdeniz um von dort über die Hügel nach Kayaköy zu wandern.
Gleich zu Beginn geht es durch lichte Pinienwälder steil bergan. Bei 25 Grad brauche ich noch etwas Angewöhnung
aber es geht. Jeder von uns ist zudem mit 3 Litern Wasser versorgt was für die vorgesehenen 2 Stunden Marsch reichen
sollte. Mach dem ersten Anstieg passieren wir eine alte Zisterne und können den Blick über die Bucht geniessen.
Weiter geht es bergauf und bergab. Teilweise sind noch Reste des Weges erhalten welche einst den Platz mit der
Zisterne erschlossen haben. Nach einem weitern Anstieg und einem kurzen Bergabstück stehen wir unvermittelt am
oberen Ende der Ruinen. Wir haben nur etwas mehr als eine Stunde benötigt. Gemächlich durchstreifen wir den Ort
der früher Levissi hiess und eine der unzähligen griechischen Kommunen auf türkischem Boden war. Im Jahr 1923 fand
nach politischen Wirren ein für Türken und Griechen schmerzvoller "Bevölkerungsaustausch" statt. 1,5 Millionen Griechen
wurden vertrieben und fünfhunderttausend Türken mussten ebenfalls zurück in die Türkei. Seither ist der Ort verlassen
und wurde von den Türken nicht wider besiedelt. Sei es aus schlechtem Gewissen oder der Angst vor bösen Geistern.
Wir haben keines von Beidem uns streifen ein wenig umher. Holzwerk und Dächer sind sind keine mehr vorhanden. Wie
überdimensionale steinerne Kelche ragen die Gebäudereste aus der Landschaft. Am unteren Enge setzen wir uns zu
einem Tee.
Der Rückweg ist der selbe und dank leicht diesigem Himmel bleiben die Temperaturen auch jetzt um zwei Uhr Nachmittags
moderat. Zurück in Ölüdeniz kaufen wir noch 10 Liter Wasser und Früchte für den morgigen Ausflug. Danach ist es
Zeit ins Meer zu hüpfen. Naja, um reinzuhüpfen ist es dann doch zu kalt. Erst nachdem ich mich bis zum Bauchnabel
vorgetastet habe wage ich den endgütigen Taucher. Marzia ist es definitiv zu kalt. Sie kneift. Wir entspannen die
nächsten zwei Stunden am wie eingangs erwähnt extrem leeren Strand während vom dahinter gelegenen, zweitausend Meter
hohen Baba Dagi gestartete Tandem-Paraglider unablässig mitten im Strand landen. Einer aber per Notschirm im Meer.
Da hat der Turist später mehr als gewöhnlich zu erzählen.
Zurück in unserer Unterkunft werden wir wieder mit einheimischen Spezialitäten verköstigt. Im "Hotel" gibt es nur
Halbpension. Sonst ist dies nicht so mein Fall. Aber wenn man wie hier gleich mit lokaler Küche versorgt wird soll
es mir recht sein. Speisekarte gibt es keine. Gegessen wird was auf den Tisch kommt. Auch gut. Nach kurzer Beratschlagung
zum morgigen Tag ziehen wir uns dann auf unser Zimmer zurück um zu lesen und zu schreiben.
Während der Nacht höre ich wie einige Tropfen fallen. Wie angekündigt ist es am Morgen dann bewölkt aber es
soll trocken bleiben. Also steht der heutigen Wanderung nichts im Weg. Um zwanzig vor Zehn fahren wir mit einem
Dolmus genannten Minibus nach Hisarönü wo wir ein Teilstück des lykischen Pfades begehen werden. Dieser Weg hat
in der Antike sowie auch noch später noch die Stätde und Siedlungen untereinander verbunden. Wir werden die nächsten
fünf Stunden etwa 600 Meter nach oben und dann wieder zirka 300 Meter hinab nach Faralya wandern. Das Auf und Ab
dazwischen nicht mitgerechnet.
Das erste Teilstück von etwa 2 km besteht aus einer planierten Piste entlang dem Berghang. Dann beginnt der
eigentliche Pfad. Einigermassen gleichmässig windet sich der zum grossen Teil erhaltene Weg den Berghang hinauf.
Niedere Bäume und Sträucher bewachsen den steinigen und kargen Untergrund. Wir kommen trotz des nicht übermässig
steilen Anstiegs und nur etwa 22 Grad ordentlich ins Schwitzen. Es geht kein Wind und die Luft ist des nächtlichen
Regens wegen sehr feucht. Nach eineinhalb Stunden erreichen wir den ersten Hochpunkt. Von nun an geht es unterhalb
des Baba Dagi dem Gelände entlang. Auf wenigen, in der Gegend verstreuten Gehöften bestreiten einige Familien mit
einfacher Landwirtschaft und Viehzucht ihr bescheidenes Einkommen. Ziegen sind allgegenwärtig. Auf jeden Fall sind
ihre Hinterlassenschaften omnipräsent. Häufig machen wir auch Bienenhäuschen aus. Das Wetter ist insgesamt perfekt.
Leichte Bewölkung und nun doch ein wenig Wind. Die Landschaft erinnert manchmal an das Vallis oder Bündnerland.
Der Duft der Pinien ist unser Begleiter. Wir durchqueren einen grossen Felssturz welcher dem Bewuchs nach schon
lange her sein muss. Noch einmal etwas bergan und dann geht es nur noch bergab. Wir kehren für einen Tee ein.
50 Rappen ärmer ziehen wir weiter. Ein kurzes Stück führt uns der Weg duch ein Dorf und wir erhalten etwas mehr
Einblick in die Anwesen der Leute. Der Weg wird steiler und schmaler. In Sepentinen geht es nun hinunter nach
Faralya wo wir nach insgesamt viereinviertel Stunden nach unserem Aufbrechen in Hisarönü ankommen.
Wir sitzen für eine kurze Erholung auf der Veranda. Nun setzt eine heftige Schauer ein. Nicht nur die Wanderung,
sondern auch das Timing war perfekt. Ich gehe Duschen und wasche dann noch meine Kleider. Das ist nicht ganz so
toll wie der bisherige Tag, muss halt aber auch sein.
Laut heutigem Plan steht ein eher ruhiger Tag mit Strand und Meer an. Schlussendlich werden es dann doch 840
Meter bergauf sowie bergab. Dies in dreieinviertel Stunden reiner Gehzeit verteilt auf 9 Kilometer über Stock
und Stein.
Mit unserem Mietwagen fahren wir nach Kabak bis ans Ende der Strasse. Weiter geht es nur zu Fuss der Küste entlang.
Der Abstieg an den Strand von Kabak dauert etwa eine halbe Stunde. Die kleine Bucht mit sauberem türkisfarbenem
Wasser lädt zum Bade. Nur ist die Temperatur auch hier nicht wirklich berauschend. Aber was sein muss muss sein!
Einfach behutsam ins Wasser waten um dem drohenden Infarkt zu entgehen. Also so schlimm ist es dann glücklicherweise
doch nicht. Immerhin schaffen es auch einige andere der 20 Leute am Strand ins Wasser. Nach einer Stunde entschliessen
wir uns an den vielgepriesenen, abgelegenen kleinen Paradies-Strand weiter Südlich zu gehen. Wir ziehen uns um und
schultern unsere Rucksäcke. Die erste halbe Stunde geht es bergauf und wir schwitzen was die Poren hergeben. Dann
geht es für die nächste halbe Stunde auf und ab. Das Gelände ist teilweise recht schroff und und gelegentlich ist
etwas klettern angesagt. Auf einer Seite Felshänge, auf der anderen unter uns das rauschende Meer. Der lockere
Pinienbewuchs trägt das Grün dazu bei und spendet etwas Schatten. Es ist eine wunderschöne wildromantische
Naturlandschaft. Zum Schluss fünfzehn Minuten bergab und wir sind am Ziel. Der 20 Meter lange Kieselstrand gehört
uns und drei jungen Einheimischen die sich ebenfalls hierher "verirrt" haben. Wir geniessen die Abgeschiedenheit
des Ortes.
Um Drei brechen wir für den Rückweg auf. Ich gebe es zu, obwohl die Landschaft der Hammer ist und einen das
Schwitzen vergessen lässt. Es fällt mir vor dem letzten Abstieg zum Strand von Kabak nicht leicht zu wissen
das ich nachher gleichviele Meter wieder nach oben muss um zu unserem Wagen zu gelangen. Eine kurze Pause mit
einem Glace am Strand versüsst jedoch diese letzte Anstrengung des Tages.
In der Nacht regenet es stark. Unsere gestern gewaschenen Kleider werden wohl nicht mehr trocken. Also kommen sie
feucht in den Koffer. Wir frühstücken und brechen dann auf um nach Kas zu kommen. Ab Kirme nehmen wir die Schotterpiste
über die Berge die irgendwann mal asphaltiert werden soll. Die Wolken hängen tief und so ist uns der sicherlich herrliche
Ausblick hinab zur Küste und dem Meer verwehrt. Auf 1400 Meter Höhe über Meer überqueren die Passhöhe. Die Sicht auf
der anderen Seite ist noch schlechter und manchmal auf 50 Meter beschränkt. Erst wieder im Flachland trocknet es ab und
wird schon beinahe sonnig. Nach etwas mehr als einer Stunde sind wir in Patara. Wir lösen ein Ticket um die Ruinen der
ehemaligen Hafenstadt und den langen Strand zu besuchen. Die meist aus römischer Zeit vorhandenen Überreste sind nicht
allzu imposant und es ist alles beinahe menschenleer. Auf dem Rückweg von den Resten des Leuchtturms welcher einst an
der nun verlandeten Hafeneinfahrt stand, stakst eine kleine Schildkröte über den Schotter. Zur Komplettierung der weniger
sichtbaren heimischen Tiere kriecht kurz darauf noch eine Schlange vor uns über den Rollstuhlweg welcher den Parkplatz
mit den Ruinen verbindet.
Ein kleines Stück mit dem Auto und wir parken für den Fussweg zum Strand. An der vom Wasser abgewandten Seite darf
man sich nicht hinlegen. Dies wegen den Schildkrötengelegen im Sand. Wirklich zum Baden lädt das Wetter nicht ein. Es
windet stark und die Wolken verheissen nichts Gutes. Wir bestellen im Strandlokal iki Cay und Gözleme (zwei Tee und
Pfannkuchen). Bevor wir gehen muss noch die Wassertemperatur getestet werden. Es scheint tatsächlich wärmer. Kaum im
Auto und einen Kilometer gefahren setzt wieder Regen ein. Die 45 Minuten entlang der Küste bis anch Kas sind verregnet.
Von den wenigen Stränden flüchten die Menschen ins Trockene. Das Hotel ist schnell gefunden und wir beziehen unsere
Suite. Bajram, der Hotelbesitzer in Faralya, hat sie für uns netterweise auf 70 Franken heruntergehandelt und reserviert.
Da es wieder vom Himmel schüttet schreibe ich schon einige Zeilen zum Tag. Wieder kommt die Sonne hervor und wir
spazieren in einigen Minuten um den Hügel zum Freitagsmarkt. Es werden hauptsächlich Gemüse und Früchte angeboten.
Wir decken uns bei der Gelegenheit gleich mit Keksen, Bananen und Erdbeeren für unsere morgige Exkusion ein. Alles
aus einheimischer Produktion. Zugegebenermassen sind Erdbeeren nicht gerade der ideale Reiseproviant aber eben doch
zu lecker da schön reif! Nach den Tagen abseits ist es interessant etwas vom türkischen Kleinstadtleben mitzubekommen.
Sogar einen Migros gibt es hier. Allerdings mit kleinem i geschrieben. Wieviel das mit unserem zu hause zu tun hat
weiss ich nicht. Die Hauptstrasse hinab wird heftig gebaut. Wie es scheint für den auch hier wachsenden Turismus. Am
Hafen ist dann schlussendlich alles für Besucher ausgerichtet. Ein Lokal und Ausflugsboot reiht sich an das andere.
Nicht ganz unser Ding aber auch spannend zu sehen.
Abendessen gibt es auf dem Hoteldach und in Form von Mezeh. Für etwas mehr Substanz gönne ich mir noch Fleischbällchen.
Wie üblich wird es nicht allzu spät bis wir uns zum Lesen und schreiben ins Zimmer zurückziehen.
Das Frühstücksbuffet, welches wir bei strahlendem Sonnenschein geniessen können, ist üppig. Wir starten für unser
heutiges Vorhaben um 10 Uhr. Die Anfahrt zum Startpunkt unserer Exkursion in Çukurbağ ist kurz. Weiter geht es zu
Fuss den Berg nach Phellos hoch. Wandern, Abgeschiedenheit und etwas zu besichtigen. Das passt. Die 400 Höhenmeter
zum Gipfel wie auch der Abstieg sollten locker zu bewältigen sein. Unsere Leidensfähigkeit wird heute weniger
konditionell dafür reiztechnisch geprüft. Der Pfad ist schmal und das Dornengestrüpp streift erst nur die Schenkel,
gegen das Ende hin unsere Schultern und reicht manchmal bis über unsere Köpfe. Gut haben wir lange Hosen angezogen.
Beim Erreichen der Kuppe liegen überall behauene Steine herum und schon bald treffen wir auf das erste lykische Grab.
Der Weg führt etwa 200 Meter seitlich der ehemaligen Siedlung entlang dem Bergrücken. Das Buschwerk lässt nur
teilweise erahnen was hier oben auf 860 Meter über Meer einst stand. Der Ort war um Christi Geburt erst von Lykiern
dann von Griechen und Römern bewohnt und damals Regierungssitz der Region. Der zugehörige Hafen befand sich in der
Nähe unseres Hotel, Antiphellos genannt, unten in Kas. Doch nun ist das alles Geschichte und der Platz liegt auch
wegen der immer wieder vorkommenden Erbeben in Trümmern. Nach einer Stunde an der Westseite angekommen rasten wir
und geniessen ausgiebig die Ruhe und die Natur des Ortes bei einigen Felsengräbern. Die mitgebrachen Erdbeeren sind
etwas matschig geworden, schmecken aber trotzdem.
Langsam bauen sich schwarze Wolken auf und ein fernes Grollen verheisst nichts Gutes. Wir brechen zum Rückweg auf.
Erneut werden wir dornengeprüft. Nach einem Drittel des Weges hören wir eine Art Knurren, Rascheln und Knacken aus
dem niederen Gehölz. Danach ein deutliches Grunzen. Ich vermute Wildscheine und steige auf einen Zaun der eine
Ziegenweide vom Buschwerk trennt. Marzia weiss erst nicht weshalb ich das mache. Ich schlage vor unseren Weg
auf der anderen Seite des glücklicherweise vorhandenen Geflechts fortzusetzen. Auf eine Begegnung mit Wildschweinen,
insbesondere wenn sie Junge haben sollten, kann ich verzichten. Von den Wildschweinen hören wir nichts mehr. Dafür
wird das Grollen und die zugehörige schwarze Wolkendecke deutlicher. Bald erreichen wir ohne weitere Vorkommnisse
unseren Wagen und kehren zum Hotel zurück. Mit Duschen und Kleider waschen folgt das übliche Prozedere nach unserem
Ausflug ins Grüne.
Danach durchstreifen wir etwas Kas auf der Suche nach der Post und einem Lokal für das Abendessen. Die Post hat
geschlossen, die Lokale nicht. Im Gegenteil, wenn wir uns die Speisekarten ansehen werden wir regelmässig aufgefordert
Platz zu nehmen. Das hat aber noch etwas Zeit.
Die meist schönen und einsamen Plätze sind weit. Heute etwas 8 Kilometer entfernt. Auf dem Weg zum Nuris Strand
erweitern wir unseren Plan und gehen noch drei Kilometer den Lykischen Weg weiter an eine einsame Bucht. Seit Kas
begleitet von einem Hund. Dieser hat Marzia als seine Pflegemutter anerkannt weil sie mit ihm geredet hat.
Naja, ist ja nicht mein Hund.
Erst geht es der gepflästerten Strasse lang bis diese zur Schotterpiste und dann beim letzten Gehöft zum Pfad
wird. Wieder pieksen nun mal öfters die Dornenbüsche unsere Waden. Wie erwähnt biegen wir bei
Ereichen eines abgetreppten Feldes anstatt rechts links ab, um zum besagten Kieselstrand zu gelangen. Die grössere
Mulde die wir nun durchqueren wurde früher intensiver bewirtschaftet wie verwilderte Olivenbäume und überwachsene
Steinmauern bezeugen. Zwei heimische Rehe ergreifen von uns aufgescheucht die Flucht. Danach kreuzt noch eine Schildkröte
unseren Weg. Bevor wir ans Meer gelangen passieren wir einen noch gepflegten Hain mit Zisterne. Wieder sind
wir fasziniert vom türkis-blau der See über der wir etliche Klippen überwinden. Am Kieselstrand angekommen ist dieser
zwar einsam jedoch nicht überaus idyllisch. Es liegt Plastikmüll herum und Marzias "Adoptivkind" bellt ununterbrochen
das Wasser an. Der Hund hat scheinbar ein Problem mit den Wellen. Und das obwohl das Tier mutmasslich am Meer
aufgewachsen ist. Wir rasten eine halbe Stunde aber verzichten auf ein Bad. Das wollen wir am Nuris Strand nachholen.
Bis zum Feld ist der Pfad der selbe. Dann noch zehn Minuten durch die Büsche den Hang hinab und wir sind in einer
Oase aus Liegestühlen auf Holzpodesten in einer sehr überschaubaren Bucht. Bei Konsum von mehr als 8 Franken ist deren
Benützung gratis. Das werden wir schaffen. Trotdem das es Sonntag ist, sind die Plätze nur zur Hälfte belegt. Keine
3 Prozent davon sind Ausländer. Zum dezenten Gewummer typischer "Loungemusic" wate ich ins Wasser. Es passt gerade um
sich zu erfrischen. Für ein längeres Bad ist es noch immer zu kühl. Nach gut eineienhalb Stunden haben wir die
Schallmauer von 8 Franken überwunden und uns genügend ausgeruht. "Hund" wurde zwischenzeitlich von einem der
Angestellten verpflegt und hat deshalb beschlossen die Adoptiveltern zu wechseln was mich nicht im geringsten stört.
Zu Beginn des nun nicht bekannten Rückweges klettern wir an einigen lykischen Felsgräbern vorbei die steile Küste hoch. Eine
halbe Stunde über Stock und Stein durch die Macchia sind wir wieder beim Gehöft wo uns ein Maultier und ein Esel begrüssen.
Ich bitte Marzia nicht mit ihnen zu reden damit wir ohne neue Freunde nach Kas zurückkehren können.
Zum letzten Mal geniessen wir das üppige Frühstück im Hotel in Kas. Danach fahren wir eine knappe Stunde quer
durch die Berge nach Üçağiz und noch etwas weiter richtung einer kleinen Halbinsel. Beim Friedhof neben der
Schiffswerft geht es nicht mehr weiter und wir überqueren den Hügel nach Kale/Simena zu Fuss. Rechts auf der
Kuppe die wir überschreiten befindet sich eine Festung, links lykische Seinsärge. In der von uns auserkorenen
Pension die etwas erhöht über den Restaurants mit Schiffsanlegern liegt sind alle Räume frei. Unsere Wahl fällt auf
ein gemütliches Zimmer im oberen Stock mit separatem Balkon. Es kostet ganze 40 Franken. Wir sind begeistert vom
gesamten Ambiente mit seinem dörflichen Charakter und den freundlichen Leuten. Dank Vorsaison herrscht hier
gemächliche Ruhe. Ich fahre mit dem Vermieter und seinem Boot zurück um unser Gepäck zu holen. Bei seinem Cousin
dem scheinbar die Werft gehört kann ich den Wagen parken. Fertig ausgepackt geniessen wir vom Balkon den schönen
Blick auf die Bucht welche von der gegenüberliegenden Insel vom Meer abgeschirmt wird. Entlang der Küstenlinie
dieser Insel sind mit dem Fernglas unzählige Reste und Fassaden einer antiken Siedlung zu erkennen. Ein
Grossteil liegt nun unter Wasser da sich die Küste seit der Antike zirka fünf Meter gesenkt hat. Die Insel kann
aus Schutzgründen nicht betreten werden. Auch ganze Kale ist seit tausenden Jahren besiedelt wie unzählige
Überreste bezeugen. Die Gegend um die grosse Bucht bildete das Kerngebiet des ehemaligen Lykien.
Wir sehen uns die Burg die auf antiken Resten gründet an und durchstreifen noch etwas die Umgebung. Als wir uns
dann bei einem Pfannkuchen, Ayran und Tee stärken treffen wir Claire aus Australien. In einem kurzen Austausch
erfahren wir das sie alleine die hunderte Kilometer des Lykischen Weges alleine bewältigen will. Gut zweihundert
Kilometer davon hat sie schon geschafft. Dagegen sind wir Warmduscher mit den paar Metern die wir bisher mit leichtem
Gepäck unter die Füsse genommen haben. Morgen stehen für uns dennoch einige Stunden auf den geschichtsträchtigen
Pfaden der Türkei an.
Um Acht legt das Brotboot an. Somit ist unser Frühstück gesichert und wir können uns zum Essen nach unten begeben.
Heute "drehen" wir eine Runde welche uns zum grössten Teil durch das Hinterland führt. Seit langem ist der Himmel
wieder einmal wolkenlos und die Temperaturen schon um die zwanzig Grad als wir um zehn Uhr morgens losziehen. Erst
geht es auf der Strasse gegen Üçağiz, kurz davor biegen wir in die Wildnis ab. Scheinbar wird der Pfad in der Regel
in umgekehrter Richtung begangen. Die blauen Markierungen an den Steinen sind immer auf der uns abgewandten Seite zu
finden. Das ist nicht so schlimm, ich habe ja noch meine Navi mit auf dem der Weg eingezeichnet ist. Ihn in dieser
Richtung zu begehen ist mein Vorschlag. Dies um auf dem Rückweg, was so um 13 Uhr sein sollte, näher am Meer mit etwas
mehr Luftzug zu sein. Auch könnten wir uns zudem bei einem Bad abkühlen falls es sehr heiss würde. Die Karsthügel
sind mit eher dürren als belaubten Stauden bedeckt und auch sonst ist hier schon alles sehr trocken. Wir scheuchen
Dutzende von kleinen Schmetterlingen beim Zickzack durch das Gelände auf. Das wird beinahe die ganze Strecke so
bleiben. Gelegentlich passieren wir eine kleine steinige Weide mit uralten Olivenbäumen. In einer grösseren Senke ist das
Gelände offener und mitten darin steht "unsre kleine Farm". Nach einem Bergabstück streifen wir eine grössere Anzahl
Gewächshäuser und biegen dann rechts Richtung Meer ab. Nach zweieinhalb Stunden sehen wir die ersten Wellen glitzern.
Die bis anhin blauen Markierungen wechseln zu rot-weiss gestreiften. Wir sind wieder auf dem Lykischen Weg der uns zurück
nach Kale bringt.
In einer schmalen Bucht hat ein Ausflugsboot gestoppt damit die Turisten ins Wasser springen können. Wir gehen ans Ende
der Bucht und rasten dort. Die Schuhe und Socken stehen zum Trocknen in der Sonne, die Füsse hängen zur Abkühlung im
Wasser. Dies an einem Steg eines zur Zeit verlassenen Lokales. Etwas Kekse und von zu Hause mitgebrachte Darvida, dann
geht es weiter. Das Gelände bleibt offen und recht flach. Wir durchqueren etliche Weiden bei einem zerfallenen
venezianischen Festungsturm. Etwas weiter werden gerade die Ziegen gemolken. Die Frau hält fest, der Mann melkt.
Schon erkennen wir in der Ferne die Zinnen der Burg hinter der wir logieren. Am Friedhof ist der Kindergarten
beim Picknick und Spielen. Mit dabei auch die Tochter mit Mutter welche uns das Zimmer vermietet.
Schnell den Hügel überquert und wir verzehren am selben Ort wie gestern mit Hunger einen Pfannkuchen. Insgesamt waren
wir viereinhalb Stunden unterwegs. Claire ist noch immer bei ihrer Gastfamilie den Wirtsleuten. Schon am Vortag haben
wir es kurz mit den Lokalbetreibern angesprochen. Nun machen wir für morgen ab mit dem Boot welches vom Sohn betrieben
wird zu den gegenüberliegenden Ruinen am Inselufer zu schippern. Da wir uns dabei in einen Familienausflug einklinken
können kommt es auch noch billiger und wird sicher interessanter. Zu unserem Erstaunen werden wir auch noch gefragt
welche Art von Kuchen wir denn gerne morgen essen möchten.
Den Rest des Nachmittages verbringen wir beim (Sonnen)-Baden an den Felsen vor Kale.
Wie gestern abgemacht schippern wir heute Morgen die fünfhundert Meter quer über die Bucht zur gegenüberliegenden
Insel. Das heisst; Claire, Mevlüt der Kapitän, Marzia und ich. In langsamer Fahrt geht es drüben angekommen der Küste entlang damit
wir die Ruinen der antiken Stadt Dolichiste über und unter Wasser betrachten können. Die Gegend hat sich bei einem Erdbeben
vor etwa tausend Jahren um einige Meter gesenkt. Schon zu Beginn sind auch Töpfe und Gebäudestrukturen unter Wasser
zu erkennen. Nach etwa einem Kilometer stoppt Mevlüt das Boot bei einer versunkenen Mole damit wir durch Glasfenster
im Boden die Amphoren sehen können. Das Ufer ist auf der ganzen Länge sehr steil was im kristallklaren Wasser deutlich
zu erkennen ist. Wir können auch im Wasser schwimmen und mit Masken uns alles direkt ansehen. Das ist eigentlich verboten.
Sollte die Küstenwache auftauchen würden wir eben nach der teuren Gucci Sonnenbrille suchen die uns ins Meer gefallen
sei meint Mevlüt. Ich möchte nicht wissen wie viele Male die wohl diese Ausrede schon gehört haben...
Noch einmal fünfhundert Meter weiter halten wir in einer kleinen Bucht und gehen an Land. Rundherum ist ist auch hier
alles voll von antiken Zeitzeugen. Schön wie der Platz ist bleiben wir natürlich nicht lange allein. Während Mevlüt
Tee und den angedrohten Kuchen bereitmacht und wir etwas herumstreifeni treffen andere Boote ein. Wir stärken uns und
tuckern dann zum sogenannten Aquarium weiter. Dort schwimmen schon einige Leute von anderen Ausflugschiffen. Hier
leuchtet das Wasser kitschig blau. Dies dank dem Sand der den Boden in zirka 5 Metern Tiefe bedeckt. Nun weiss ich
endlich wo der Strand abgeblieben ist! Gegenüber herrscht auf einem Schiff etwas Aufregung. Einem Paar ist der
Verlobungsring ins Wasser gefallen und nun wird emsig danach getaucht aber nichts gefunden. Da fällt wohl auch die
Hochzeit ins Wasser.
Nach drei Stunden sind wir zurück und es folgt die schon obligate Pfannkuchenmahlzeit. Unaufgefordert stellt man uns auch noch
Tomaten und Gurkenscheiben hin. Türkische Gastfreundschaft eben. Wir plauschen mit Mevlüts Vater in allen erdenklichen
Sprachen die er sich über die Jahre angeeignet hat. Bevor wir in Gefahr geraten noch mehr essen zu dürfen bezahlen
wir unsere Schulden und sitzen danach noch etwas am Hafen die Sonne geniessend und das kleine Getier im seichten Wasser
vor uns beobachtend.
Etwas wehmütig blicken wir beim Frühstück auf die vor uns liegende Bucht. Das Meer ist um acht Uhr morgens noch
ruhig. Wie üblich machen sich die Kinder des Dorfes am Kai für das Schiff bereit das sie für die Schule abholt. Und
wie üblich hastet wie die Tage vorher das selbe Mädchen die Gassen hinunter um nicht zu spät zu kommen. Unser Boot
bringt uns um 9.15 Uhr um die Klippen zum Auto. Nun fahren wir die nächsten zwei Stunden durch die Berge, der Küste
entlang und wieder etwas die Berge hoch um noch die Ruinen von Arykanda zu besichtigen. Unseren Wagen lassen wir bei
einem Platz mit Bach stehen. Es ist eine Art Raststätte für den Durchgangsverkehr. Einige Stände bieten Obst, Gemüse
und Tee an. Der Fussmarsch entlang dem steilen Hang ist kurz. Wir verzichten deshalb auf die Wanderschuhe. Erneut
wie schon so oft landen wir voll im Getümmel der Turisten. Nein, im Gegenteil, wir sind wie üblich die einzigen.
Unterhalb einer Felswand erstreckt sich auf ein paar hundert Quadratmetern die antike Stätte. Eindrücklicher als
die Überreste ist die friedliche Lage auf 800 Metern über Meer. Das Theater ist noch gut erhalten. den Rest haben
wie an allen anderen Orten die Erbeben zertrümmert. Man kann sich gut vorstellen wie in der Hitze des Sommers jene
welche es sich leisten konnten hier oben in einem der unzähligen Bäder Abkühlung und Zerstreuung suchten. Wohlhabend
wurde die Stadt auch durch ihre Lage an einer wichtigen Hauptverkehrsachse.
Eine Stunde später sind wir wieder am Rastplatz, trinken Tee und kaufen einige Früchte. Weiter geht es die selbe
Strasse hinab zurück zur Küste, kurz durch die Ebene bei Kumluca um dann wieder durch die Berge zu kurven und
schlussendlich am Ende eines Tales nach Cirali an der Küste zu gelangen. Entlang dem langen Strand befindet sich
eine Mischung aus Plantagen und Turistenpensionen. Die erste die wir ausgewählt haben und ansteuern scheint verlassen.
Daneben befindet sich eine gepflegte und eher teuer wirkende Unterkunft. Fragen kostet nichts. Was wir auch machen. Mit dem
Preis will der Angestellte nicht gleich herausrücken, sondern uns erst ein Zimmer zeigen. Es ist modern eingerichtet
aber klein. Mit 25% Rabatt soll es noch 100 Franken kosten. Der Preis ist für das Ambiente irgendwie ok, aber alles
wirkt sehr aufgesetzt und wenig einladend. Wir sehen uns weiter um und beziehen dann für die letzten zwei Nächte in
der Türkei ein einfaches Bungalow für 60 Franken mit Halbpension. Nach der langen Autofahrt vertreten wir uns noch
etwas die Beine, essen eine Kleinigkeit und kaufen Wasser für morgen. Da wollen wir uns wieder etwas mehr zu Fuss
bewegen, sprich eine Wanderung unternehmen.
Auf zur letzten Wanderung! Vom östlichen Ende des Strandes geht es in weitem Bogen nach Norden in ein Tal hinein.
An dessen Ende zahlen wir bei einem Kassenhäuschen unter Pinien 2 Franken Eintritt. Es folgt ein viertelstündiger
leicht schweisstreibender Aufstieg zum ewigen Feuer der Chimäre. Hier die Erklärung dazu in Kurzform. Chimären sind
Mischwesen aus verschiedenen Tieren. In diesem Fall mit dem Körper eines Ziegenbocks, dem Kopf eines Löwen und dem Schwanz
in Form einer Schlange. Das Ding, diese feuerspeiende Chimäre, war zudem der Menscheit nicht sehr wohlgesonnen und
verschlang jeden der zu nahe kam. Bellerophon bekam die Aufgabe es in seine Schranken zu weisen. Deshalb ritt er mit
Pegasus, auch eine Chimäre weil ein Pferd mit Flügeln, zum Untier hin und tötete es mit seinen Pfeilen. Seither schlagen
an dieser Stelle Flammen aus dem Boden. Tatsache ist das hier durch austretende Gasvorkommen seit tausenden Jahren
diese Flammen gespiesen werden. Lange verehrt und im Altertum deutlich höher flackernd den Seefahrern zudem den Weg
weisend.
Unterhalb der kahlen Schieferplatte im Hang stehen die Reste einer ehemaligen byzantinischen Kapelle welche über den
Hephaistos Tempel gebaut wurde. Es brennt aus verschiedenen Löchern und riecht nach Gas. Da haben wir doch dummerweise
vergessen unsere Cervelats mitzubringen! Wie wir erkennen können wechseln die Stellen an denen es brennt da es etliche
Löcher hat wo keine Flammen aber Russ zu sehen ist. Der Ausblick über den lichten Wald hin zur Küste lässt uns verweilen.
Bruno vom Bichelsee hat mitbekommen das wir Schweizerdeutsch reden und spricht uns an. Wir plaudern mit ihm ein wenig.
Er hat die Nacht hier oben verbracht und sich gegen die Kälte neben das Feuer gelegt.
Beinahe zurück am Strand biegen wir von der Strasse ab und begehen wohl zum letzten Mal ein Stück des Lylischen Weges
Entlang der Küste. Noch einmal nimmt uns die simple Schönheit der Landschaft gefangen. Im Hang unter den Bäumen folgen
wir dem Pfad hoch und runter. Unter uns leuchten die Klippen mit der blauen See um die Wette. An einer steinigen Bucht
setzen wir uns und nach etwas Verpflegung kühle ich mich im Meer ab. Abgelenkt von der prächtigen Natur vergeht die
Dreiviertelstunde Rückweg wie im Flug. Zum Abschluss des Nachmittages liegen wir noch am Strand und kommen mit einem
italienisch-türkischen Paar ins Gespräch das in Istanbul lebt. Dabei erfahre ich einige interessante Aspekte zur Türkei
und der Lage wie sie von Einheimischen gesehen wird. Gerne hätten sie mit uns in einem Lokal ausserhalb zu Nacht gegessen.
Wir aber sind zu faul uns noch zu bewegen und lassen den Abend "zu Hause" ausklingen.